Die CDU-Fraktion im Goch Stadtrat hat dem diesjährigen Haushalt nicht zugestimmt. Die Gründe hierfür zeigt die nachfolgend wiedergegebene Rede unseres Fraktionsvorsitzenden Andreas Sprenger auf:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Knickrehm,
Sehr geehrte Frau Kämmerin Gansen,
Sehr geehrte Vertreter/innen der Verwaltung, Kolleginnen und Kollegen des
Rates und Vertreter/innen der Presse
Wir alle befinden uns seit mehr als einem Jahr in einer Ausnahmesituation.
Eine noch nie dagewesene Pandemie schränkt uns alle sehr stark ein und hat
unser komplettes Leben verändert.
So auch unseren politischen Alltag. Sitzungen können nur eingeschränkt,
vermindert und unter Corona Auflagen stattfinden.
Politische Beratungen finden fast ausschließlich virtuell statt.
Auf einen Vortrag von Haushaltsreden wird, aus nachvollziehbaren Gründen, in
Anbetracht der Situation verzichtet.
Gleichwohl ist eine Haushaltsrede aus meiner Sicht sehr wichtig für einen
politischen Austausch bzw. einer politischen Stellungnahme zu dem
eingebrachten Haushaltsentwurf.
Daher ist es für mich unverständlich, warum die meisten Fraktionen hierauf
verzichten wollten.
Bereits im vergangenen Jahr habe ich bei meiner Rede als Resümee ihrer ersten
Amtsperiode bemängelt, dass sich seit ihrem Amtsantritt nichts geändert hat
und dass in Ihrem Handeln keinerlei Perspektive erkennbar war. Sie haben ihre
Versprechungen nicht im Ansatz eingehalten.
Sie wollten Personalkosten abbauen und die Finanzsituation nachhaltig
verbessern.
Ihr Flyer zur Kommunalwahl im vergangenen Jahr hat dann die Hoffnung
geweckt, dass Sie nun endlich Dinge anpacken.
Unter dem Motto „Versprochen ist Versprochen“, haben Sie herausgestellt, dass
Sie sich für die „wirtschaftliche Gesundung der Stadt“ einsetzen und in den
letzten fünf Jahren ausschließlich ausgeglichene Haushaltspläne in dem Rat
eingebracht haben.
Sie haben richtigerweise erkannt, dass nur eine „wirtschaftlich gesunde Stadt
den Aufgaben der Zukunft gewachsen ist“.
Dies ließ hoffen und hat natürlich hohe Erwartungen an den eingebrachten
Haushaltsentwurf geschürt.
Wir haben gehofft, nun endlich mal Visionen und Perspektiven erkennen zu
können.
Doch dieser Haushaltsentwurf steht wohl eher unter dem Motto: verwalten
statt gestalten.
Es ist keine Trendwende bei den Ausgaben und den daraus resultierenden
Jahresergebnissen zu sehen.
Sie versuchen ja noch nicht mal mehr positive Ergebnisse zu erzielen, sondern
Schreiben ohne Hemmung negative Ergebnisse fort.
In diesem Jahr -1 Mio.€, im nächsten Jahr -1,5 Mio. €, im Jahr 2023 ca. -1 Mio.
und als Krönung im Jahre 24 -3,1 Mio. €. Dies sind in Summe unglaubliche 6,6
Mio. € an negativen Jahresergebnissen.
Hinzu kommen dann noch mehr als 10 Mio. € Sonderschulden durch die
Coronapandemie. Die dann auch noch über 50 Jahre abgeschrieben werden
sollen. Hier werden finanzielle Probleme in die nächsten Generationen
geschoben.
In Summe also über 16 Mio. € Schulden in den nächsten Jahren, ohne mit
irgendwelchen Maßnahmen gegenzusteuern.
Im Gegenteil, die hohen Personalkosten, die Sie Herr Knickrehm, bei ihrem
Amtsantritt im Jahre 2015 senken wollten und auch als Problem angesehen
haben, sind seitdem massiv gestiegen.
Sie sind mit Kosten in Höhe von 14,7 Mio. € gestartet und weisen nun, in dem
jetzt vorliegenden Entwurf, Kosten in Höhe von fast 20 Mio. € aus. Dies ist eine
Steigerung von mehr als 36%.
Es handelt sich um 158 Mitarbeiter in 2015 und 195 Mitarbeiter in 2021.
Ein Wandel bei den Erträgen und Aufwendungen, wie von Ihnen Herr
Bürgermeister immer gefordert, ist nicht zu sehen.
Ein Thema, welches wir auch regelmäßig bei der Debatte um die
Haushaltsentwürfe diskutieren, sind die Höhen der Sätze für die Höhe der
Erträge aus der Gewerbesteuer.
Auch in diesem Jahr halten wir den Ansatz im Entwurf in Höhe von 14,5 Mio.
Euro für viel zu niedrig.
Wir erwarten für das Jahr 2020 Erträge in Höhe von 17,4 Mio.€
Der Arbeitskreis Steuerschätzung hat gegen Ende 2020 in seinem Bericht eine
sehr positive Entwicklung prognostiziert.
Das nominale BIP, das Bruttolohngehaltsvolumen, das
Unternehmensvermögen, die Steuereinnahmen gesamt, die Steuereinnahmen
für die Kommunen sowie die Gewerbesteuer sollen alle in diesem Jahr im
Vergleich zum Vorjahr deutlich steigen.
Uns erschließt sich nicht, warum die Steuer in Goch entgegen der Prognosen so
massiv einbrechen sollen.
Warum sollen wir fast 3 Mio. Euro verlieren?
Da durch das COVID 19 Isoliergesetz eine fiktive Ertragsposition geschafften
wurde, wird ein möglicher Minderertrag dadurch kompensiert.
Daher haben wir von dem Antrag abgesehen, da dies nicht zu einer
Ergebnisänderung führt, obwohl wir aus den o.g. Gründen den ausgewiesenen
Ansatz für nicht nachvollziehbar halten und diesen anders bewerten.
Bereits im Jahre 2017 haben wir den Antrag gestellt, den Haushaltsansatz für
die Unterhaltung von Straßen um 350T€ auf 450T€ zu erhöhen, da hier aus
unserer Sicht massiver Handlungsbedarf bestand. Es geht um den Erhalt der
Substanz.
Dieser Ansatz wurde leider in den Folgejahren sukzessiv runtergefahren obwohl
hier nach wie vor Handlungsbedarf besteht. Im Haushalt 18/19 wurde der
Ansatz um 100T€ und im Haushalt 2020 um weitere 150T€ reduziert und dann
in dieser Höhe in den Folgejahren fortgeschrieben.
Dies alles ist jedoch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, da sich sehr viele
Straßen und Radwege in einem desolaten Zustand befinden. Gerade durch den
harten Winter in diesem Jahr mit Schnee und Frost sind nochmals viele
Schäden hinzugekommen und der Reparaturbedarf ist deutlich gestiegen.
Daher unser Antrag den Ansatz von 200T€ um 1 Mio. Euro zu erhöhen, um hier
der Situation Rechnung zu tragen.
Da wir im vergangenen Jahr auf eine Gewinnausschüttung der Stadtwerke i.H.
von 2,7 Mio.€ verzichtet haben, wollten wir diese zusätzlichen Millionen durch
eine Gewinnausschüttung der Stadtwerke finanzieren.
Mehr als überrascht waren wir von dem Vorschlag das ganze kreditär zu
finanzieren.
Bereits im Januar hat die NRW Bank in der Presse ihr
Kommunalförderprogramm veröffentlicht, für Kommunen erstmals einen
negativen Zinssatz anzubieten.
Genau dieses Programm dient der langfristigen Finanzierung von Investitionen
in kommunale Infrastruktur.
Warum kommen Sie erst auf diese Idee, nachdem wir den Antrag gestellt
haben?
Laut NRW Kommunalministerin Scharrenbach gibt es drei wesentliche Vorteile:
1. Bürgerinnen und Bürger erhalten moderne Infrastruktur,
2. Vermögen wird gesichert und
3. bekommen die Städte jetzt eine Zinsgutschrift
Diese sehen wir auch und stimmen dem Vorschlag zu, sind aber enttäuscht,
warum dies nicht eher vorgeschlagen wurde.
Wie bekannt hat der SV Viktoria Goch ein Problem wegen nicht ausreichender
Umkleidemöglichkeiten und Duschen. Dieses Problem muss zwingend gelöst
werden. Da der am 19.10.2020 vom Verein gestellte Antrag ignoriert wurde,
sehen wir hier die Notwendigkeit dies aufzunehmen und in den Haushaltsplan
300T€ für die Umsetzung der bereits abgestimmten Pläne des Vereins
einzustellen.
Ebenfalls sollten zeitnah kurzfristige, pragmatische Lösungen mit dem Verein
abgestimmt werden, um hier schnell zu helfen.
Zusammenfassend lässt sich zu Ihrem HH-Entwurf, dem wir nicht zustimmen
werden, folgendes sagen:
1. Verstetigung der Diskrepanz zwischen Wahlaussagen und Handeln des
Bürgermeisters
2. Diesmal anstelle eines nicht strukturell ausgeglichenen Haushaltes ein
Defizit in Millionenhöhe und dies sogar für die Folgejahre, nicht zuletzt
verursacht durch die massive Erhöhung der Personalkosten
3. Kein Ansatz dies zu Ändern
4. Perspektivlosigkeit
Abschließend möchte ich mich bei meiner Fraktion, unseren sachkundigen
Bürgern, den Mitgliedern der CDU Goch und den interessierten Bürgern
bedanken, die im Rahmen der Haushaltsberatungen an der Klausurtagung,
auch in dem sehr schwierigen Online-Format, sehr aktiv und sehr konstruktiv
teilgenommen und mitgearbeitet haben.
Ebenfalls möchte ich mich aber auch bei der Kämmerin Frau Gansen, den
Geschäftsführern des Vermögensbetriebes Herrn Jansen und der Stadtwerke in
Person von Herrn Marks sowie allen Mitarbeitern der Stadtverwaltung und den
Eigenbetrieben und Gesellschaften für ihren Einsatz und ihr Engagement
bedanken.
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